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Die Integration in Arbeit geht weiter, aber anders

Marco Lietz, Leiter Internationale Projekte beim Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft

Die Integration in Arbeit geht weiter, aber anders

Trainings sind momentan nicht möglich, die Ausreise ist es auch nicht – und in den Herkunftsländern geraten die Arbeitsmärkte unter Druck: Das Projekt Newplacement International (NPI) hat sich deshalb in der Corona-Krise neu aufgestellt. NPI ist eine Initiative von BBQ Bildung und Berufliche Qualifizierung, einem Unternehmen des Bildungswerks der Baden-Württembergischen Wirtschaft. Vier Fragen und Antworten zur aktuellen Situation.

Wie arbeitet Newplacement International normalerweise?
Als Partner von „Perspektive Heimat“ plant Newplacement International (NPI) gemeinsam mit Geflüchteten sowie Migranten und Migrantinnen deren Rückkehr in ihr Herkunftsland. „Entscheidend ist dabei die Aussicht auf Arbeit“, sagt Marco Lietz. „Unser Ansatz ist: Wenn die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Deutschland verlassen, sollten sie wissen, wie es weitergeht. Im Idealfall können sie in ihrer Heimat eine Stelle auf Probe antreten.“ Lietz weiß, dass die Rückkehr in vielen Fällen holpriger verläuft als geplant. Deshalb betreut NPI die Rückkehrer und Rückkehrerinnen in Zusammenarbeit mit den Migrationsberatungszentren der GIZ auch im Herkunftsland. 

Was hat sich durch die Corona-Krise in der Beratung verändert?
„Qualifizierung und Jobvermittlung bleiben gefragt“, sagt Marco Lietz. Nach einem kurzen Rückgang zu Beginn der Corona-Pandemie steige die Zahl der Ratsuchenden inzwischen wieder deutlich. Allerdings  sieht man beim Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft natürlich auch, dass die Ökonomien und damit die Arbeitsmärkte in den Herkunftsländern unter Druck geraten.  „Wir haben normalerweise viele Kontakte zu Unternehmen in der Gastronomie – das bietet sich an, weil die Rückkehrenden Deutschkenntnisse haben und sich etwa in Hotels mit deutschen Gästen verständigen können.“ Doch über Stellen in der Gastronomie, so Lietz, brauche man in nächster Zeit leider nicht zu reden.  

Was sind die Alternativen?
„Wir müssen jetzt stärker als bisher Unternehmen aus anderen Branchen ansprechen.“ Chancen sieht Lietz etwa in den Bereichen Lebensmittellogistik, Gesundheit und Digitales. Deshalb hat das Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft beispielsweise einen einmonatigen Kurs zur digitalen Grundbildung entwickelt – und zieht neue Formate in Betracht: „Diesen Kurs könnten wir im Prinzip auch auf Mandinka anbieten, einer der in Gambia besonders verbreiteten Sprachen. Der Kurs liefe dann als Webinar mit einem Trainer in Gambia. Vor ein paar Monaten hätten wir über so etwas noch gar nicht nachgedacht.“

Gibt die Corona-Krise der digitalen Beratung also einen Schub? 
„Qualifizierung und Vermittlung in Arbeit verändern sich gerade radikal“, sagt Lietz. „Sie hätten sich ohnehin gewandelt, durch die Industrie 4.0. Jetzt geht es eben schneller.“ Schon vor zwei Jahren hat das Bildungswerk begonnen, ein Konzept zum E-Learning zu entwickeln. Lietz räumt ein, dass er diesem Ansatz zunächst skeptisch gegenüberstand. „Ich dachte, den persönlichen Kontakt kann das nicht ersetzen.“ Und tatsächlich sei es weiterhin von Vorteil, den Rückkehrer oder die Rückkehrerin zumindest einmal persönlich kennenzulernen. Danach aber lasse sich vieles digital besprechen. Auch bei den Trainings müssen man schauen, wo Anwesenheit wirklich erforderlich sei. „Wenn es etwa um die Gastronomie geht, kann man nicht alles digital machen. Ein Bewerbungstraining dagegen funktioniert auch online sehr gut.“ Außerdem sprächen natürlich ökologische Gründe für das digitale Lernen. „Und man kann viel mehr Menschen erreichen.“ Lietz’ Fazit: „Die Integration in Arbeit geht weiter, aber anders.“

Stand: 05/2020

Wir müssen jetzt stärker als bisher Unternehmen aus anderen Branchen ansprechen, etwa in den Bereichen Lebensmittellogistik, Gesundheit und Digitales.
Marco Lietz, Leiter der internationalen Projekte beim Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft

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