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Gemeinsam Perspektiven schaffen

Reintegrationsfachleute im Gespräch: Gildas Bagné (vorne), Rafael Osterloh und Katherine Kellein.

Gemeinsam Perspektiven schaffen

Ein heller Raum mit Wandgemälden im Münchner Südosten. Hier, im Sozialunternehmen Social Impact, treffen sich Reintegrationsbegleiterinnen und -begleiter an einem Mittwochmorgen zum Austausch. Währenddessen hebt ein gemeinsamer Klient vom Flughafen München in seine westafrikanische Heimat ab. Gildas Bagné, Coach des Programms StartHope@Home bei Social Impact, berichtet von dem Nigerianer, der bei ihm ein Businesstraining absolviert hat. Weil sein Abflug vorverlegt wurde, fehlte dem Mann noch das Schulungszertifikat, das er für seine beruflichen Pläne braucht. Die Bescheinigung ist wichtig, etwa für Start-up-Kredite im Herkunftsland.

Deshalb sorgte Ruth Holzbauer mit einem Anruf dafür, dass der junge Nigerianer das wertvolle Papier doch noch rechtzeitig bekam. Sie ist Reintegrationscoach bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) und war in diesem Fall für die Qualifizierung des nigerianischen Klienten zuständig. Da er gerade bei ihr zum Handwerkstraining war, organisierte sie kurzerhand das Zertifikat. „Wenn die Zeit knapp ist, dann arbeiten wir noch enger zusammen“, sagt Gildas Bagné. Und Ruth Holzbauer ergänzt: „Das hilft nicht nur in diesem konkreten Fall. Es wird auch weitererzählt, dass wir an einem Strang ziehen, um das Beste für die Menschen zu erreichen.“

Keine Konkurrenz, sondern passgenaue Betreuung

An der transnationalen Begleitung sind viele Stellen beteiligt. Auch Unternehmen, die durchaus im Wettbewerb um Klientinnen und Klienten stehen könnten. Damit Rückkehrwillige aber nicht die Orientierung verlieren, sondern eine passgenaue Unterstützung bekommen, haben sich die verschiedenen Akteure in Bayern vernetzt und stimmen die einzelnen Schritte für die Reintegration eng ab.

Wichtiges Bindeglied in dieser Kooperation ist Rafael Osterloh, der für die deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH als sogenannter Reintegrations-Scout in dem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanzierten Programm „Perspektive Heimat“ wirkt.

Osterloh hat seinen Sitz beim Bayerischen Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR), das als zentrale Stelle im Freistaat die organisatorischen Aufgaben zur Abwicklung freiwilliger Ausreisen bündelt.


Er kommt mit den an einer Rückkehr interessierten Frauen und Männern meist über Rückkehrberatungsstellen, wie etwa die Zentrale Rückkehrberatung Südbayern vom Caritasverband, in Kontakt. Er bindet die Reintegrationsberaterinnen und -berater und das LfAR mit ein.

Und er bildet vor allem die Brücke zu den Angeboten im Herkunftsland. Osterloh vermittelt Kontakte zu den Beratungszentren für Jobs, Migration und Reintegration, die es inzwischen in 12 Ländern weltweit gibt. Auch bei diesem Schritt wird das Vorgehen mit den Kooperationspartnern abgestimmt. Sie haben oft wichtige Erkenntnisse über die beruflichen Pläne und Perspektiven der Menschen: Also gibt es beispielsweise Qualifikationen in der Landwirtschaft, im Handwerk oder Ideen für Unternehmensgründungen. Das bildet eine solide Basis für die Gespräche, die Rückkehrerinnen und Rückkehrer noch von Deutschland aus mit den Beraterinnen und Beratern in ihrem Herkunftsland führen. Durch diese enge Begleitung kann die Gewissheit wachsen, dass nach der Rückkehr die Unterstützung weitergeht.

Judith Steinbach von Social Impact lobt die effektive Kommunikation.

Bessere Kommunikation, weniger verpasste Termine

Wie funktioniert die Zusammenarbeit konkret? Ein Kernteam, zu dem neben Holzbauer und Osterloh auch Katherine Kellein und Judith Steinbach von Social Impact gehören, kommt regelmäßig zusammen: virtuell zweimal pro Woche und gelegentlich auch persönlich. Bei den Treffen werden Fälle von Rückkehrerinnen und Rückkehrern besprochen und Abläufe direkt ausgemacht. Also etwa, wann ist welches Training sinnvoll und geplant, fehlt noch ein Computerzugang für eine Qualifizierung oder einen Video-Call. Und wer kann hier unkompliziert unterstützen. „Die direkte Abstimmung der Kooperationspartner spart enorm viel Zeit und verhindert Missverständnisse. Die Kommunikation ist viel effektiver“, betont Judith Steinbach von Social Impact. 90 Prozent aller Termine von Klientinnen und Klienten würden so eingehalten. Das sei ein großer Fortschritt und nicht selbstverständlich, sagt Reintegrations-Scout Osterloh. „Und wir können zusammen ein komplettes Angebot liefern, denn wir ergänzen uns“, sagt Bagné. Gleichzeitig ist eine Person aus dem Team Hauptansprechpartnerin oder -partner. „Wir richten uns danach, wer den besten Kontakt aufgebaut hat“, sagt Osterloh.

Ruth Holzbauer von den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz).

Dieses abgestimmte Vorgehen fördert das Vertrauen bei Rückkehrwilligen. Keine Vielzahl von Stimmen, sondern ein kohärentes Vorgehen, das gerade unter den schwierigen Umständen der Corona-Pandemie sehr wichtig ist. So konnten 2021 beim „Reintegrationscoaching mit Qualifizierung“, das in den bfz bayernweit umgesetzt wird und Teil des Programms „Perspektive Heimat“ ist, rund 55 Personen aus verschiedenen Herkunftsländern teilnehmen. Mehr als die Hälfte von ihnen konnten mit aussagekräftigen Zertifikaten in ihr Herkunftsland zurückkehren.

Vertrauen ist die zentrale Währung, das weiß auch die erfahrene Ruth Holzbauer. Als bfz-Reintegrationscoach erlebte sie in den vergangenen Monaten, dass sich die zuverlässige und abgestimmte Reintegrationsbegleitung in Bayern herumspricht: bei Ausreisewilligen und bei Multiplikatoren etwa in nichtstaatlichen Organisationen. So können mehr Menschen erreicht werden. „Das geht jetzt in die Breite, unsere gute Zusammenarbeit zahlt sich aus“, ist Holzbauer optimistisch.

Stand: 02/2022

Die hier beschriebenen Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung werden angeboten im Rahmen von „Perspektive Heimat“.

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Die direkte Abstimmung der Kooperationspartner spart enorm viel Zeit und verhindert Missverständnisse. Die Kommunikation ist viel effektiver.
Judith Steinbach, Regionalleiterin von Social Impact StartHope@Home

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