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Weiterbildung in Senegal: Die Frauen von Thiaroye sur Mer

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Weiterbildung in Senegal: Die Frauen von Thiaroye sur Mer

In den vergangenen Jahren starben mehr als 370 Menschen aus Thiaroye sur Mer in Senegal. Sie hatten versucht, Europa über das Meer zu erreichen. Ein Kollektiv von Frauen warnt vor den Gefahren der irregulären Migration. Es zeigt, welche Alternativen es vor Ort gibt.

Yayi Bayam Diouf (Mitte) gründete das Frauenkollektiv COFLEC.

Berufliche Weiterbildung für bessere Jobs

Thiaroye sur Mer ist ein Vorort von Dakar, der Hauptstadt Senegals. Von dort aus brechen immer wieder Menschen in Richtung Europa auf. Meist sind es junge Menschen. In überfüllten Booten wollen sie die Kanarischen Inseln in Spanien erreichen. Sie hoffen auf ein besseres Leben. Doch viele von ihnen ertrinken auf der gefährlichen Überfahrt im Meer. Oder sie verschwinden ohne ein weiteres Lebenszeichen. Familienangehörige und Freunde bleiben mit ihrer Trauer zurück. Für sie ist es schwierig, weiterzumachen und optimistisch zu bleiben.  

„Ich habe meinen einzigen Sohn verloren. In ihn hatte ich all meine Hoffnung gesetzt. Das schmerzt“, sagt Yayi Bayam Diouf aus Thiaroye sur Mer. Die 60 Jahre alte Fischerin gründete nach ihrem Verlust im Jahr 2007 das Kollektiv COFLEC – ein Zusammenschluss von Frauen. Gemeinsam kämpfen sie gegen irreguläre Migration. Sie tun das mit Aufklärung, beruflichen Weiterbildungen für bessere Beschäftigungsmöglichkeiten und mit viel Zusammenhalt. „Ich bin der festen Überzeugung, dass in der Einheit die Kraft liegt. Indem wir uns zusammentun, trösten wir uns gegenseitig. Und wir machen auf unser Leid aufmerksam. So können wir mehr bewirken und jungen Menschen einen anderen Ausweg zeigen“, sagt sie. Das Kollektiv unterstützt Frauen und junge Menschen, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Die Frauen lernen in einer Weiterbildung Techniken kennen, Fisch und Meeresfrüchte weiterzuverarbeiten.

Erfolgreich in die Selbstständigkeit in Senegal 

Der Weg über das Meer ist oft eine Sackgasse, die im Tod, in einer Asylunterkunft oder in einer Abschiebung zurück ins Herkunftsland mündet. Das haben viele der Frauen selbst erfahren. Daher appellieren sie an die Eltern, ihre Kinder nicht zum Auswandern zu drängen oder diesen Entschluss mit Geld zu fördern. „In unserem Land sind die Frauen stark von der Auswanderung ihrer Kinder betroffen. Sie opfern sich erst für ihre Kinder und dann für deren Ausreise auf. Wenn diese gelingt, werden sie von allen respektiert“, erklärt Diouf.  

Die Angehörigen nehmen dabei hin, dass die Kinder in Europa meist unter unsicheren Bedingungen leben. Denn: Ohne legale Einreisepapiere dürfen sie weder arbeiten noch eine Ausbildung beginnen. „Für die Angehörigen ist die Hauptsache, dass die Kinder Geld nach Hause schicken. Dieses Geld holen aber die Väter von der Bank oder Post ab und verfügen darüber – nicht die Mütter“, sagt Diouf. Die Frauen haben dann wenig Mitsprache, wofür es verwendet wird. Das Kollektiv setzt sich daher auch dafür ein, dass Frauen selbst Arbeit finden in Senegal und nicht auf Geldsendungen ihrer ausgereisten Kinder angewiesen sind. 

Eine blinde Frau verpackt Kokosraspeln für den Verkauf.

„In unserem Land wird Erfolg oft mit Auswanderung gleichgesetzt“, sagt Yayi Bayam Diouf. „Aber wir haben auch hier in Senegal Möglichkeiten, unsere Träume zu verwirklichen.“ Zusammen mit ihrem Frauenkollektiv will sie jungen Menschen den richtigen Weg zeigen: Wie sie durch berufliche Weiterbildung legal ausreisen können oder wie sie etwas dazu beitragen können, das eigene Land weiterzuentwickeln.  

Arbeiten in Senegal: Das schwächste Glied stärken 

COFLEC bietet Fortbildungen für die Frauen an, die ihre Verwandten im Meer verloren haben. Dabei werden bewusst ausgegrenzte Gruppen einbezogen, etwa Frauen mit Behinderungen oder von Albinismus betroffene Frauen. Hierzu arbeitet Dioufs Vereinigung mit verschiedenen Partnern zusammen. Für 125 Frauen richtete das Deutsch-Senegalesische Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration (CSAEM) 2022 eine Fortbildung aus. „Die Mitarbeitenden des Zentrums kamen zu uns, um unsere Probleme vor Ort genau zu erfassen und zielgerichtete Lösungen anzubieten. Sie haben uns gefragt, was wir genau brauchen, bevor sie die berufliche Weiterbildung anboten“, sagt Diouf.

10 Tage lang wurden die Frauen in Gruppen geschult. Einige lernten, wie sie Gemüse auf Tischen anbauen. Andere verbesserten ihre Fähigkeiten in der Weiterverarbeitung von Fisch- und Milchprodukten. Wieder andere lernten, heimische Getreide-, Gemüse- und Obstsorten zu Gewürzen und Trockenprodukten zu verarbeiten. Eine Gruppe befasste sich damit, Verpackungen aus biologisch abbaubarem Papier herzustellen.  

Durch das Gelernte können die Frauen in die berufliche Selbstständigkeit gehen, ihre Produktpalette erweitern, Kunden dazugewinnen und so ihr Einkommen steigern. Sie geben ihr neues Wissen weiter an andere Frauen. In einem nächsten Schritt möchte das Kollektiv eine Kooperative gründen: Sie wollen die Produkte der Teilnehmerinnen wie Käse, Salat, Säfte, Gewürze, Trockenfisch auf den Märkten in der Umgebung verkaufen.  

Diouf erklärt: In dem Frauenkollektiv geht es auch darum, durch Arbeit einen Zufluchtsort für Frauen und junge Menschen zu schaffen. Die Arbeit lenkt einen ab von der Trauer oder von Ausreiseplänen. Viele der Teilnehmerinnen betonten, dass die Treffen während der 10-tägigen Fortbildung wie eine Art Therapie waren. Es tat ihnen gut, gemeinsam etwas aufzubauen und nach vorne zu blicken. 

Stand 03/2023

Dieser Text ist in einfacher Sprache geschrieben. So möchten wir erreichen, dass er für alle Interessierten gut verständlich ist.

In unserem Land wird Erfolg oft mit Auswanderung gleichgesetzt. Aber wir haben auch hier in Senegal Möglichkeiten, unsere Träume zu verwirklichen.
Yayi Bayam Diouf

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