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Selbständigkeit in Serbien: Therapeutin Jelena gründet ihre eigene Praxis

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Selbständigkeit in Serbien: Therapeutin Jelena gründet ihre eigene Praxis

Mein Name ist Jelena. Ich bin 36 Jahre alt und habe zwei Söhne. Einer der beiden hat Autismus. Ich habe ihn viele Jahre lang selbst unterstützt und gefördert. Dabei erkannte ich, dass ich auch anderen helfen kann.

Ende 2020 habe ich mit Unterstützung des Deutschen Informationszentrums für Migration, Ausbildung und Karriere (DIMAK) und der Partnerorganisation HELP meine Therapie-Praxis „Senzor Gym“ gegründet. Dort helfe ich Kindern mit Behinderungen, Bewegungen zu erlernen – von einfachen Handgriffen bis hin zu feinmotorischen Fähigkeiten. Ich glaube fest daran, dass ich noch viel mehr tun kann.

Jelena und ihre beiden Söhne

Meine Geschichte und die meines Sohnes

Meine Familie lebte im Kosovo, floh aber während der Kriege in den 1990er-Jahren nach Serbien. Zunächst lebten wir in dem Ort Prokuplje, wo ich meinen Sohn bekam. Ich merkte bald, dass er sich anders entwickelte als andere Kinder. Als er zwei Jahre alt war, wurde bei ihm Autismus festgestellt. Das ist eine Entwicklungsstörung, bei der Menschen Probleme im sozialen Umgang und in der Kommunikation mit anderen Menschen haben. Sprache und Bewegungsfähigkeiten können eingeschränkt sein.

Die Ärzte warnten mich: Mein Sohn werde nie ein normales Leben führen können. Ich habe mich geweigert, das zu akzeptieren. Heute, mit dreizehn Jahren, geht er zur Schule, hat Freunde, mag Kunst und Sport. Mein anderer Sohn ist sechs Jahre alt und hat keine gesundheitlichen Einschränkungen.

Aber der Weg war schwierig. Wir mussten nach Niš umziehen, weil es woanders keine Therapie für ihn gab. Selbst hier gibt es viel weniger Therapiemöglichkeiten als in Belgrad, sodass wir oft die lange Hin- und Rückfahrt auf uns genommen haben.

Jelena erhielt Unterstützung vom DIMAK und Help e.V.

Ich bin von Beruf Physiotherapeutin. Schließlich begann ich, bei einer Logopädin zu arbeiten. Mein Sohn war dort Patient. Ich stellte fest, dass es mir durch die Arbeit mit meinem Sohn leichter fällt, autistische Kinder zu verstehen. Ich habe gelernt, wie man diesen Kindern auf Augenhöhe begegnet.

Unterstützung für Selbständige

Vor ein paar Jahren stellte die HELP- Organisation bei einem Treffen von Eltern autistischer Kinder ein Unterstützungsprogramm vor. Das Programm richtet sich an Menschen, die ein eigenes Unternehmen gründen wollen, um Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu unterstützen. Schon während des Vortrags hatte ich meine zukünftige Praxis vor Augen. Ich reichte wenig später ein Projekt ein – und es wurde genehmigt.

HELP schickte mir Ausrüstung, die ich mir sonst nicht hätte leisten können. Mein Bruder stellte mir ein kleines Haus zur Verfügung. Es war baufällig und sollte abgerissen werden. Aber wir renovierten es, und ich begann zu arbeiten. 

2021 hat mich das DIMAK mit einem Beratungs- und Mentorenprogramm unterstützt. Einige andere Start-ups und ich erhielten umfangreiche Online-Beratung zum Management und für die Weiterentwicklung unserer Unternehmen. Das war sehr hilfreich, denn ich führe zum ersten Mal ein Unternehmen.

Für ihre Praxis hat Jelena eine Sprachtherapeutin eingestellt.

Das Programm umfasst fünf Module, in denen die Teilnehmenden lernen, wie man ein Unternehmen führt. Behandelt werden die Themen Unternehmertum, E-Business, Marketing, Geschäftskommunikation und -kultur sowie Innovation. Zudem werden die Teilnehmenden individuell von Mentorinnen und Mentoren betreut. So entwickeln sie gemeinsam neue Geschäftsideen. Damit ich auch während der Corona-Pandemie weiterarbeiten konnte, stellte das DIMAK Desinfektionsmittel und einen Luftfilter zur Verfügung.

Ich bin stolz auf das, was ich tue. Jetzt möchte ich mehr tun.

Ich bin stolz. Die Pandemie war eine schwierige Zeit. Aber trotz alledem hat sich meine Praxis etabliert. Inzwischen habe ich weiterbildende Kurse für sensorische Therapie am Belgrader Institut für psychische Gesundheit belegt. Solche Angebote sind toll für autistische Kinder, weil wir Therapeutinnen und Therapeuten durch die Ausbildung besser verstehen, wie man den Kindern helfen kann.  Und vieles davon habe ich selbst schon gelernt, als ich meinen Sohn großzog. Mittlerweile bin ich in eine größere Praxis umgezogen und konnte auch eine Sprachtherapeutin anstellen. Ich möchte mich weiter vergrößern und mehr Mitarbeitende einstellen, beispielsweise aus den Bereichen Psychologie und Sonderpädagogik. Dann könnten Kinder die gesamte Therapie an einem Ort machen. Eine größere Praxis bedeutet mehr Arbeit, aber so kann ich auch mehr Kindern und ihren Familien helfen.

Spielend Bewegungen erlernen: schaukeln gehört in Jelenas Praxis dazu.

Neben meiner Praxis gibt es in Südserbien nur eine weitere, die sensorische Therapie für Kinder mit Autismus anbietet.

Die Eltern bringen ihre Kinder oft von weit her. Ich bekomme Anrufe von vielen Familien, die Unterstützung für ihre Kinder brauchen. Zurzeit prüfe ich Möglichkeiten, um mein Unternehmen zu vergrößern. Die ersten Schritte für ein ganzheitliches Therapiezentrum sind getan, aber klar ist auch: Es gibt in diesem Bereich noch viel für mich zu tun.

Stand: 01/2023

Dieser Text ist in einfacher Sprache geschrieben. So möchten wir erreichen, dass er für alle Interessierten gut verständlich ist.

In meiner Praxis helfe ich Kindern mit Behinderungen, Bewegungen zu erlernen. Ich glaube fest daran, dass ich noch viel mehr tun kann.
Jelena

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